Dialog ArchitektIn: ein neuer Job der Digitalen Transformation

Der Digitalen Transformation eilt ein schlechter Ruf voraus. So sorgt sich etwa jeder sechste Arbeitnehmer aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung um den eigenen Arbeitsplatz. Zu diesem Ergebnis kommt eine veröffentlichte Umfrage der Beratungsgesellschaft EY unter 1.400 Arbeitnehmern in Deutschland. Sicherlich, Digitalisierung und Industrie 4.0 verändern unsere Arbeitswelt. Doch sie bedeuten nicht zwangsläufig deren Ende. Im Gegenteil – die digitale Transformation schafft nicht nur Jobs, es entstehen auch völlig neue Jobprofile. Zum Beispiel das des „Dialog Architekten“.

Kommunikation ist keine Selbstverständlichkeit. Spätestens seit Loriots legendärem Sketch „das Ei“ ist das kein Geheimnis mehr. So verzwickt die Kommunikation in unserem Alltag schon sein kann, richtig herausfordernd wird sie spätestens beim Einsatz moderner Dialogtechnologie, etwa in Form von digitalen Sprachassistenten oder Chatbots. Ersetzen wir einen menschlichen Kommunikationspartner durch einen digitalen, sind Komplikationen vorprogrammiert – bestehende Kommunikationsregeln werden hier außer Kraft gesetzt. Es fehlen die Sicherheiten und Routineerwartungen, denen wir in der alltäglichen Kommunikation mit einem menschlichen Gegenüber begegnen und so stellt sich Kommunikation in einem Mensch-Maschine-Szenario zunächst unweigerlich als Problem dar. Alexa, Siri und Cortana reagieren viel zu häufig ratlos bis verwirrt, verweisen auf Wikipedia-Einträge oder scheinen absichtlich auf Durchzug zu stellen. Statt natürlichem Smalltalk bleibt somit oftmals nur das staccatoartige Wiederholen von aneinandergereihten Wörtern. Natürlichkeit klingt anders.

„Kommunikation ist unwahrscheinlich, obwohl wir sie jeden Tag erleben, praktizieren und ohne sie nicht leben würden. Diese unsichtbar gewordene Unwahrscheinlichkeit gilt es zu begreifen. Diese Aufgabe lässt sich lösen, wenn man Kommunikation nicht als Phänomen, sondern als Problem auffasst.“
– Niklas Luhmann

Um Dialogtechnologie und Conversational AI zielführend einsetzen zu können, einen natürlichen Kommunikationsablauf zu gewährleisten und Sprachassistenten zu tatsächlichen Helfern zu machen, braucht es deshalb Experten. Experten, die verstehen, wie Kommunikation funktioniert, die um die Möglichkeiten und Grenzen der intelligenten Dialogtechnologie wissen und die Conversational AI auf ein völlig neues Level heben.

Genau dies liefern Dialog-ArchitektInnen. Sie sind zuständig für die inhaltliche Konzeption und das semantische Design von Dialogen, deren Aufbereitung und Bereitstellung für moderne Dialogtechnologie. Sie entwerfen Kommunikationsregeln und designen prototypische Dialoge für verschiedene Kanäle, Plattformen und Zielgruppen vor dem Hintergrund der Komplexität menschlicher Kommunikation.

Das setzt nicht nur ein umfassendes Verständnis von Syntax und Semantik voraus, sondern auch von menschlicher Sprache und Sprachcodes im Hinblick auf deren sprachsoziologische und kulturelle Ebene. So weisen Dialog-ArchitektInnen beispielsweise ein breites Wissen über die Wirkung geschlechtsspezifischer Kommunikation auf, berücksichtigen regionalspezifische Besonderheiten der gesprochenen Sprache und sind überdurchschnittlich sensibilisiert auf den richtigen Einsatz von passender Sprache im jeweiligen Kontext, um nur einige Fähigkeiten zu nennen.

Die Kombination dieser Fähigkeiten mit den Fortschritten intelligenter und selbstlernender Dialogtechnologie birgt das Potenzial, die Verständigung zwischen Mensch und Maschine zu revolutionieren. Alexas „Das habe ich leider nicht verstanden“ gehört womöglich schon bald der Vergangenheit an. Dann heißt es: echte Sprachassistenz, Smalltalk statt Durchzug. Vielleicht sogar im breiten Dialekt.